paper republic zeigt, dass handgefertigte Produkte aus pflanzlich gegerbtem Leder in Europa nicht nur möglich, sondern auch wirtschaftlich erfolgreich sind.
Gründer und CEO Jérôme Bacquias erklärt, warum nachhaltiges Wachstum statt schneller Erfolge der Schlüssel zur Wiederbelebung der traditionellen Lederhandwerkskunst in Europa ist.

In Europa sind Unternehmen, die Lederprodukte noch in eigener Werkstatt von Hand fertigen, fast verschwunden. Was macht die Arbeitsweise von paper republic so besonders?
Wir produzieren alles selbst – in unserer eigenen Werkstatt im Herzen des 9. Bezirks Wiens. Hier stanzen, schneiden, nähen, polieren, verpacken und versenden wir unsere Ledernotizbücher, Portfolios und Accessories direkt an Kunden und Kundinnen auf der ganzen Welt.
Die meisten anderen Hersteller in Europa setzen auf chromgegerbtes Leder oder verlagern ihre Produktion in kostengünstigere Länder. Es ist heute eine Seltenheit, dass Marken europäisches, pflanzlich gegerbtes Leder verwenden und ihre Produkte noch in eigenen Werkstätten in Europa fertigen.

Warum nur pflanzlich gegerbtes Leder?
Vor 200 Jahren wurde Leder ausschließlich pflanzlich gegerbt. Damals war die Verwendung natürlicher Extrakte aus Pflanzen und Mineralien die einzige Möglichkeit. Dann kam die Erfindung der Chromgerbung – ein deutlich schnellerer Prozess, der die Lederproduktion beschleunigte und günstiger machte.
Doch diese Ersparnis hat ihren Preis: Die Umwelt und die Arbeiter und Arbeiterinnen in den Gerbereien zahlen ihn. Abfälle aus der Chromgerbung landen oft in Böden und Gewässern, schädigen das Ökosystem und damit auch die Menschen, die davon abhängig sind. Ein Problem, das von großen Lederherstellern meist verschwiegen wird.
Leder ist ein wunderbares Material – nachhaltig, schön und langlebig. Doch ich wollte kein chromgegerbtes Leder verwenden und so zu diesen Problemen beitragen. Deshalb bestehen alle paper republic Produkte aus pflanzlich gegerbtem Leder. Es dauert länger – Wochen statt Stunden – und ist teurer. Aber es schont die Umwelt, schützt Menschen, duftet herrlich und bewahrt die Tradition kleiner, handwerklicher Gerbereien.

Wie hat paper republic traditionelles Handwerk erfolgreich weiterentwickelt und weltweit Hunderttausende erreicht?
Wir mussten innovativ sein. Indem wir moderne Technologie mit traditioneller Handarbeit kombiniert haben, konnten wir nicht nur ein außergewöhnliches Produkt schaffen, sondern auch ein wirtschaftlich tragfähiges Unternehmen aufbauen. Ein Beispiel: Vor Kurzem haben wir eine hochmoderne Maschine zur Lederzuschnitt-Optimierung installiert. Sie scannt jede einzelne Lederhaut und berechnet das bestmögliche Schnittmuster, um Materialverschwendung zu minimieren.
Ein weiteres Beispiel ist unser brandneues Tool: l'atelier live – der weltweit erste 3D-Customiser für Ledernotizbücher. Damit können aus unendlich vielen Kombinationsmöglichkeiten komplett einzigartige Notizbücher gestaltet werden, wobei das Design Schritt für Schritt in 3D am Bildschirm entsteht. Anschließend fertigen wir die Einzelstücke von Hand in unserer Wiener Werkstatt an. Das Tool ist ein echter Gamechanger und eine absolute Neuheit in unserer Branche.
Genau diese Verbindung aus intelligenter Technologie und echter Handarbeit – vom Nähen über das Kleben bis zum Schneiden – macht es uns möglich, mit industriell gefertigten Massenprodukten zu konkurrieren. Oft werden diese außerhalb Europas produziert, unter fragwürdigen Umwelt- und Arbeitsbedingungen. Unser Ansatz zeigt, dass es auch anders geht: hochwertig, verantwortungsvoll und dennoch effizient.
Warum ist die eigene Produktion für paper republic so wichtig?
Wir sind ein vollständig vertikal integriertes Unternehmen – eine absolute Seltenheit in der Lederbranche. Alles passiert bei uns im eigenen Haus: Design, Herstellung, Marketing und Versand. Dadurch behalten wir die volle Kontrolle über die Produktion und stellen sicher, dass der Wert unserer Produkte im Unternehmen bleibt.
Dieser Ansatz ermöglicht es uns, kontinuierlich in unsere Fertigung, unser Team und die Weiterentwicklung unserer Prozesse zu investieren. Wir beziehen unser Leder und Papier von langjährigen Partnern in Europa, die unsere ethischen und ökologischen Standards teilen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern verzichten wir bewusst auf Abstriche bei Qualität oder Ethik zugunsten höherer Gewinne. Stattdessen bleiben wir unserer ursprünglichen Mission treu – Jahr für Jahr, mit Beständigkeit und Überzeugung.
Unser Erfolg kam nicht über Nacht. Es hat mehr als ein Jahrzehnt gedauert, eine treue Community aufzubauen. Aber durch unser konsequentes Engagement für nachhaltige, hochwertige Produkte haben wir uns Schritt für Schritt eine starke, internationale Anhängerschaft erarbeitet.

Was denkst du, warum sind die paper republic Notizbücher so beliebt?
Es ist die perfekte Mischung aus Qualität, Langlebigkeit, Ästhetik und Nachhaltigkeit. Unsere Notizbücher sind für ein Leben gemacht – wir sehen sie als zukünftige Familienerbstücke. Deshalb nennen wir sie "lifetime companions", und genau das sind sie auch. Viele Menschen tragen ihren grand voyageur täglich bei sich. Er wird mit der Zeit zum Spiegel ihres Lebens, voller Träume, Hoffnungen, Kratzer und Erinnerungen – genau wie sein Besitzer.
Ein weiterer Grund für die Beliebtheit ist die Flexibilität des paper republic Systems. Die Cover, Refills, Gummibänder und Accessoires lassen sich individuell kombinieren. Ob Tagebuch, Skizzenbuch, To-Do-Listen, Aquarellmalerei oder sogar Häkelmuster – wir lieben es zu sehen, auf welch vielfältige Weise unsere Notizbücher genutzt werden.
Von einer Person zu über 60 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen – welche Herausforderungen bringt das Wachstum mit sich?
Ehrlich gesagt ist es viel einfacher, ein Team von 60 zu führen, als allein zu arbeiten. Am Anfang musste ich alles selbst machen – ich war Finanzchef, IT-Support, Marketingleiter, Personalchef, Lederhandwerker und Verkäufer in einer Person. Je mehr talentierte Menschen ins Team kamen, desto besser konnten wir Aufgaben verteilen und effizienter arbeiten. Heute sind wir ein eingespieltes Team – und wir wachsen weiter!

Für uns war es ein langer Prozess, unsere Ledernotizbücher genau auf die Bedürfnisse unserer Kunden abzustimmen. Wir mussten die richtige Größe, die passenden Farben, den idealen Preis, die besten Verpackungen und den effizientesten Weg für Vertrieb, Versand und Marketing finden.
Es hat fast ein Jahrzehnt gedauert, bis wir wirklich dort angekommen sind. Die ersten acht Jahre waren ein ständiges Experimentieren – immer wieder neue Ansätze, immer wieder Anpassungen. Und am Ende läuft alles auf eines hinaus: das richtige Team. Man braucht Menschen mit der passenden Einstellung, den richtigen Fähigkeiten und echter Leidenschaft, um das Unternehmen mit aufzubauen. Und genauso wichtig wie die richtigen Leute zu finden, ist es, die falschen zu vermeiden.
Ein großer Teil meiner Arbeit besteht heute darin, über die Struktur unseres Unternehmens nachzudenken. Wie können unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wachsen, sich weiterentwickeln und langfristig herausgefordert fühlen? Fast die Hälfte meiner Zeit verbringe ich damit, Menschen zuzuhören, für ein positives Arbeitsumfeld zu sorgen und sicherzustellen, dass unser Team motiviert bleibt und sein Bestes gibt.

Mein Rat an Handwerksunternehmen, die wachsen wollen
Das klassische Silicon-Valley-Mantra lautet: „Fail fast“ – scheitere schnell, lerne daraus und mach weiter. Wir haben das genaue Gegenteil getan: Wir sind langsam erfolgreich geworden.
Wir hatten nie externe Investoren, sondern haben unser Unternehmen vollständig selbst finanziert. Natürlich ist Wachstum notwendig, um mehr Mitarbeiter einzustellen oder das Produktsortiment zu erweitern. Aber wenn man mit eigenem Geld wirtschaftet, zählt jeder Euro. Viele Start-ups erhalten große Summen von Investoren, stehen unter massivem Wachstumsdruck, gehen große Risiken ein – und drei Jahre später gibt es sie nicht mehr.
Wir haben unser Unternehmen nachhaltig und organisch aufgebaut und sind unseren Grundsätzen immer treu geblieben. Wir haben bewiesen, dass man in Europa ein ethisches, umweltbewusstes Unternehmen aufbauen kann – in einer Branche, die längst in Billiglohnländer mit umweltschädlicher Produktion verlagert wurde.
Und genau darauf bin ich besonders stolz.